Karoline Pfälzer, geb. Metzger (1870 – 1943), Johanna Rosenthal, geb. Isaak (1863 – 1942) und Julius Kahn (1867 – 1943)

Karoline Pfälzer, eine geborene Metzger, geb. am 24.9.1870 in Abenheim, stammte aus einer Großfamilie. Sie war eine Tochter des Metzgermeisters Ludwig Metzger und seiner Frau Johanna geb. Wolf, die Mitte der siebziger Jahre des 19. Jahrhunderts von Abenheim nach Worms gezogen waren und hier in der Schlossergasse 22 eine Metzgerei betrieben. Die Eheleute Ludwig Metzger hatten 10 Kinder, 4 Söhne und 6 Töchter. Die Familie war in Worms unter dem Namen „Metzger Metzger“ sehr bekannt.

Karoline Pfälzer betrieb vor dem 1. Weltkrieg in der Kaiser-Wilhelm-Straße 19 das „Wormatia Leibbindengeschäft“. Sie war verheiratet mit Salomon Pfälzer, geboren am 5.7.1868 in Hemsbach.

Die Eheleute Pfälzer wohnten seit 1914 in Worms am Lutherplatz 1.

Salomon Pfälzer war als Kind mit seinen Eltern nach Worms gekommen. Sein Vater Ludwig Pfälzer hatte sich Mitte der siebziger Jahre als Zigarettenfabrikant in der Promenadenstraße 75 niedergelassen. 1885 war er Geflügel- und Wildbrethändler. Auch Salomon Pfälzer war von 1893 an als Wildbrethändler gemeldet. 1899 hatte Ludwig Pfälzer ein Agenturgeschäft, bei dem Salomon als Prokurist arbeitete. Nach dem Tod seines Vaters war Salomon Pfälzer Alleininhaber einer Agentur für Immobilien und Hypotheken, zunächst in der Kaiser-Wilhelm-Straße 19, ab 1914 bis zu seinem Tod am 15.7.1931 am Lutherplatz 1.

Nach dem Tod ihres Ehemanns ging Karoline Pfälzer in das jüdische Altersheim Hintere Judengasse 6. Dort waren um diese Zeit etwa 10 Insassen (Pfründner) untergebracht.

Als Folge der nationalsozialistischen Maßnahmen gegen die jüdische Bevölkerung wurde durch zwangsweise Einweisungen bis zur menschenunwürdigsten Überbelegung der Aufenthalt im jüdischen Altersheim immer unerträglicher[1].

Am 27.9.1942 wurde Karoline Pfälzer über Darmstadt nach Theresienstadt deportiert[2], zusammen mit ihrem Bruder Leo Metzger und dessen Ehefrau Rosa. Karoline Pfälzer starb in Theresienstadt am 1.4.1943[3].

Johanna Rosenthal wurde als Johanna Isaak am 9.4.1863 in Worms geboren. Sie war die Tochter des Lehrers und Kantors Reimund Isaak und dessen Ehefrau Jakobine, die seit etwa 1858 in Worms in der  Judengasse 22 lebten.
Johanna Isaak heiratete den Kantor Julius Rosenthal, geb. am 19.8.1863 in Bierstein.

Julius Rosenthal scheint um 1890, vielleicht durch seine Heirat, nach Worms gekommen zu sein. Er steht erstmals im Adressbuch 1891 als Schächter in der Judengasse 57. 1897 wohnte die Familie in der Löwengasse 1, ab 1910 bis 1913 in der Gaustraße 69.

Seit 1913 wohnte die Familie Rosenthal in der Moltke-Anlage 10 (heute Adenauerring).

Julius Rosenthal hat sich als Kantor der Wormser jüdischen Gemeinde offenbar in langjähriger Tätigkeit Verdienste erworben, denn er wurde später zum Ehrenkantor ernannt. 1933 ist er als Geschäftsführer gemeldet, ohne nähere Angaben über diese Tätigkeit. Er war damals bereits 70 Jahre alt. Er starb am 11.7.1934 in Worms.

Die Eheleute Rosenthal hatten zwei Söhne: Siegfried, geb. am 23.1.1891 und Richard, geb. am 2.2.1892.
Siegfried Rosenthal war selbständiger Kaufmann, er betrieb eine Darm-, Gewürz-, und Metzgerei-Artikel-Handlung im städtischen Schlachthof. 1936 verließ er zusammen mit seiner Frau Rena Worms und emigrierte nach Johannesburg/Südafrika.

Richard Rosenthal kehrte nach seinen Studienjahren wieder hierher zurück und ließ sich 1920 als Arzt in unserer Stadt nieder. Er war in Worms bekannt, seine Praxis befand sich in der Moltke-Anlage 8.

Schon bald nach Beginn des Dritten Reiches verließ er mit seiner Familie Worms und emigrierte Mitte 1933 ins Elsass. Die Emigration hatte der gesamten Familie keine Sicherheit gebracht. Dr. Rosenthal wurde am 17.12.1943 zusammen mit seiner Ehefrau Helene und den Kindern Heinz Hugo und Ruth von Drancy in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert. Alle gelten als verschollen in Auschwitz[4].

Für Dr. Rosenthal, seine Frau Helene, den Sohn Heinz Hugo und die Tochter Ruth wurden am 03.05.2010 bereits Stolpersteine im Adenauerring 8 verlegt.

Die verwitwete Johanna Rosenthal zog am 7.1.1936 ins jüdische Altersheim, Hintere Judengasse 6. Nach eigenen Angaben lebte sie von einer Pension, die sie wohl von der jüdischen Gemeinde erhielt, sowie von Erlösen aus Wertpapieren und von den Beträgen, die sie von ihrem „Sicherungskonto“ abheben durfte. Im jüdischen Altersheim erlebte sie, wie dieses Haus immer stärker belegt und überbelegt wurde, weil es, wie andere Häuser in der Judengasse, für viele zum letzten Zwangsasyl vor der Deportation wurde. Ihre Söhne hatten für die Mutter Auswanderung nach Südafrika bzw. Frankreich beantragt, aber dazu kam es nicht mehr[5].

Johanna Rosenthal wurde mit dem Sammeltransport am 27.9.1942 über Darmstadt nach Theresienstadt deportiert[6].
Dort starb sie am 27.12.1942[7].

Julius Kahn Jg 1867,

Er wohnte im jüdischen Altersheim Hintere Judengasse 6, wahrscheinlich erst seit 1940. Dr. Julius Kahn wurde mit dem Transport am 27.9.1942 nach Theresienstadt deportiert. Er starb am 17.2.1943 in Theresienstadt.


[1] Doku Schlösser

[2] Verzeichnis der in der Stadt Worms wohnhaft gewesenen Juden, ITS Digital Archive, Arolsen Archives

Copy of 1.2.1.1 / 11201516

[3] Kartei Ghetto Theresienstadt, ITS Digital Archive, Arolsen Archives Copy of 1.1.42.2 / 5069772

[4] Doku Schlösser, Gedenkbuch Bundesarchiv Koblenz

[5] Doku Schlösser

[6] Verzeichnis der in der Stadt Worms wohnhaft gewesenen Juden,
   ITS Digital Archive, Arolsen, Copy of 1.2.1.1 / 11201671

[7] Kartei Ghetto Theresienstadt, ITS Digital Archive, Arolsen, Copy of 1.1.42.2 / 5116645

Die Steine liegen vor dem Haus Hintere Judengasse 6.