Rosa Bertram (1898 – 1945)

Der blinde Hass, der das Handeln von SS und Gestapo gegenüber allem „Jüdischen“  beherrschte, lässt sich auf schreckliche wie tragische Weise am Schicksal von Rosa Bertram und Erich Salomon aufzeigen.

Die am 22. 06. 1898 in Worms geborene Rosa Kuhn, Tochter des Ehepaares Julius Kuhn und Berta Kuhn geb. Herz, gehörte wie ihre Eltern zur jüdischen Religionsgemeinschaft. Bei Erreichung der Volljährigkeit und mitbestimmt durch ihre Heiratsabsicht trat sie jedoch zum Katholizismus über. Am 30. 12. 1919 wurde sie getauft. Ihre Eheschließung mit dem katholischen Karl Bertram (geb. 02.01. 1894 in Worms) fand am 10. 01. 1920 statt.   Karl Bertram betrieb in seinem Haus in der Wollstraße 13 eine Fabrik für Ledertreibriemen und eine Ledergroßhandlung. Rosa Bertram, die im Ladengeschäft mitarbeitete, wird als stets freundlich Frau geschildert. Das Ehepaar hatte zwei katholisch erzogene Söhne, Otto (geb. 4. 12. 1921) und Karl Heinz (geb. 24. 11. 1922). Aufgrund ihrer Abstammung aus einer „ jüdischen Mischehe“ wurden sie, vermutlich wegen „Wehrunwürdigkeit“, nicht zum Militärdienst eingezogen. Karl Heinz wurde jedoch am 23. 05. 1944 zum Dienst in der halbmilitärischen Bautruppe  „Organisation Todt“ herangezogen und kam erst am 24. 04. 1946 nach Worms zurück. Sein älterer Bruder Otto scheint ebenfalls gegen Kriegsende irgendwo im „Einsatz“ und nicht in Worms gewesen zu sein.  

Die Bestimmungen über „Mischehen“ boten für Frau Bertram zunächst einen gewissen Schutz. Die gesamte Familie dürfte jedoch unter der nationalsozialistischen Rassengesetzgebung zu leiden gehabt haben, da Frau Bertram trotz ihrer Konversion weiterhin als Jüdin galt. Konkrete Folgen zeigte das im vorletzten Kriegsjahr. Am 19. 12. 1944 wurde Frau Bertram, ebenso wie Erich Salomon (vgl. dort) und Alfred Lang, verhaftet. Sie wurden zunächst im Keller des Polizeigefängnisses der sogenannten „Polizeikaserne“ mit der Gestapodienststelle in der Erenburgerstraße 33 festgehalten. Nach zwei Wochen wurden sie nach Bensheim a. d. B. überstellt, wohin seit der Bombardierung von Darmstadt die Gestapo-Leitstelle für Hessen verlegt worden war. Im Keller dieser Dienststelle Ecke Darmstädterstraße/Kirchbergstraße blieb Rosa Bertram nach dem 1945 angefertigten Bericht ihres Ehemannes unter unmenschlichen Bedingungen bis März 1945 gefangen.

Nachdem Worms bereits von amerikanischen Truppen besetzt worden war (20./21. März 1945) und die Einnahme Bensheims unmittelbar bevorstand, lies die Gestapo Rosa Bertram mit 11 weiteren Gefangenen, darunter Erich Salomon, auf den Kirchberg bei Bensheim führen und dort erschießen. Die Leichen wurden auf dem Kirchberg verscharrt. Später erfolgte eine Exhumierung und Beerdigung auf dem Bensheimer Ehrenfriedhof. Die Leiche von Rosa Bertram ließ ihr Mann nach Worms überführen und auf dem Friedhof Hochheimer Höhe beisetzen.  

Die Wormser katholische Domgemeinde hat nach mehreren Jahrzehnten im nördlichen Seitenschiff des Domes eine kleine Erinnerungstafel für ihr ermordetes Gemeindemitglied Rosa Bertram anbringen lassen. Das Wohn- und Geschäftshaus von „Leder-Bertram“ in der Wollstraße 13, das mit hohen gotischen Giebeln zum ältesten Gebäudebestand der Stadt gehörte, wurde leider nicht saniert, sondern inzwischen durch einen gesichtslosen Neubau ersetzt. Der dort verlegte Stolperstein macht jetzt auf das Geschehen aufmerksam, das mit diesem Platz verbunden ist.   

(Dokumentation Schlösser, Bertram)

Der Stein liegt vor dem Haus Wollstraße 13.