Rudolf Hamburger (1871 – 1942), Johanna Hamburger geb. Fürth (1876 – 1942), Gustav Hamburger (1874 – 1941)

Die Dokumentenlage zu den Brüdern Rudolf und Gustav Hamburger sowie zu Johanna Hamburger, geb. Fürth, Ehefrau von Rudolf Hamburger, ist ziemlich dürftig.

In den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts ist die Familie Hamburger zusammen mit anderen Juden in Rimbach im Odenwald ansässig geworden, wo seit dem 30jährigen Krieg schon einige jüdische Familien wohnten. Woher sie kamen, ist nicht dokumentarisch festgehalten. Durch Zuzug und Einheirat vergrößerte sich die jüdische Gemeinschaft in Rimbach in kurzer Zeit relativ stark, stellte sie doch zwischen 1828 und 1885 mehr als 10% der Einwohner. Die meisten waren Viehhändler und Hausierer. Das waren in den armen Dörfern des Odenwalds, wo es nur dürftige Verkehrsverbindungen und Straßen gab, verbreitete Berufe. Auch die Hamburgers fingen als Hausierer an, bald kam Schrott- und Lumpenhandel dazu.

Im Laufe der Zeit brachten sie es zu bescheidenem Wohlstand; ein Gewerbeschein von 1936 weist Gustav Hamburger als Handelsunternehmen mit Eisen, Eisenwaren, Landmaschinen und Schrott aus. Sein Bruder Rudolf war seit 1910 mehrmals in den Gemeinderat von Rimbach gewählt worden, von 1928 – 1933 war er Vorsteher der jüdischen Gemeinde. 

In Zusammenhang mit der ersten staatlichen Judenverfolgung kurz nach der sog. „Machtergreifung“ der NSDAP, dem im ganzen Reich ausgerufenen Boykott jüdischer Geschäfte, jüdischer Waren, jüdischer Ärzte und Rechtsanwälte am 1. April 1933 wurden acht Rimbacher Juden von der Gestapo Darmstadt verhaftet und in das neu errichtete KZ Osthofen eingeliefert; darunter war auch Rudolf Hamburger. Nach seiner Entlassung kehrte er zu seiner Familie nach Rimbach zurück.

Am 7. November 1938 verübte Herschel Grünspan ein Attentat auf den Gesandtschaftsrat vom Rath in Paris. Auf einen derartigen Anlass hatten die Nazis nur gewartet. Schon zwei Tage später wurden im gesamten Reichsgebiet „Vergeltungsmaßnahmen“ gegen die jüdische Bevölkerung befohlen. Der Propaganda-Name „Reichskristallnacht“ verweist auf die unzähligen zerbrochenen Fensterscheiben jüdischer Geschäfte und Wohnhäuser. Zugleich wurden auf Anordnung Hitlers 30 000 jüdische Männer in Deutschland und Österreich verhaftet und ohne Begründung in die Konzentrationslager Sachsenhausen, Dachau und Buchenwald verschleppt. Man wollte dadurch einschüchtern und die Auswanderung jüdischer Menschen beschleunigen, natürlich auch die „Arisierung“ jüdischer Vermögenswerte. Solche „Aktionsjuden“, so nannte man die in Zusammenhang mit der Pogrom-Nacht Verhafteten, waren auch die Brüder Rudolf und Gustav Hamburger in Rimbach. Sie wurden im Februar 1939 aus dem KZ Buchenwald entlassen und bald danach ins jüdische Altersheim Worms gebracht.

Rudolf Hamburgers Ehefrau Johanna zog am 17.12.1938 zunächst nach Kuppenheim zu Verwandten und folgte kurz danach ihrem Mann ins jüdische Altersheim nach Worms. Warum die Hamburgers von Rimbach nach Worms gebracht wurden, wo doch Heppenheim oder Bensheim viel näher lag, ist unbekannt.

Von Januar bis Juni 1942 lag Rudolf schwer krebskrank im jüdischen Krankenhaus Mannheim.  Wenn ihn Frau Johanna besuchen wollte, musste sie auf umständliche Weise eine Erlaubnis bei der Gestapo Darmstadt einholen.

Einen Monat nach seiner Rückkehr ins Altersheim am 25.7.1942 starb Rudolf, seine Frau Johanna folgte ihm einen Monat später am 23.8.1942.

Rudolfs Bruder Gustav ist laut polizeilichem Eintrag am 25.5.1941 in Frankfurt gestorben. Offiziell abgemeldet war er nicht. „Freitod ist nicht auszuschließen“ heißt es lapidar.  

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Quellen:

Annelore und Karl Schlösser: Keiner blieb verschont

ITS Archive Arolsen

Wolfgang Gebhard: Geschichte der Rimbacher Juden

Die Steine liegen vor dem Haus Hintere Judengasse 6