Der Kaufmann Bernhard Abraham Reichmann wurde am 1. März 1887 in Polen in Gwazdziec geboren. Er war zweimal verheiratet.
Bernhard Reichmann, aus Kaiserslautern kommend, heiratete am 11.07.1919 die in Worms lebende Fanny Dankowitz. Die Eheleute wohnten zuerst in der Diesterwegstraße 4., seit 05.01.1926 in der Judengasse 23 bei Gutmann Dankowitz, der Familie seiner Ehefrau. Kinder aus dieser Ehe sind nicht bekannt.
Zusammen mit seinem Schwiegervater Gutmann Dankowitz betrieb er die Lederhandlung Dankowitz & Reichmann in der Kaiser-Wilhelm-Straße 24 (heute Wilhelm-LeuschnerStraße 24). Nach dem Tod seiner Ehefrau Fanny am 12.02.1928 und seines Schwiegervaters im September 1928 führte Bernhard Reichmann das Geschäft unter eigenem Namen weiter. Wann er das Geschäft aufgab, ist nicht bekannt. Es bestand jedoch bereits 1938 nicht mehr.
Am 22. Mai 1929 heiratet er in zweiter Ehe Esther Tannhäuser. Mit ihr hatte er zwei Söhne, Theodor Reichmann geb. 6.05.1930 und Friedel Reichmann geb. 16.06.1935. Die Familie wohnte dann in der Kaiser-Wilhelm-Straße 24.
Wie viele andere Juden im Dritten Reich musste auch das Ehepaar Reichmann verschiedentlich die Wohnung wechseln: Ab 02.07.1937 bei Herz in der Färbergasse 5, dann ab 31.01.1938 in der Martinsgasse 13 bei Heinemann. Auch in diesem Haus wurden in der Pogromnacht am 9.11.1938 Verwüstungen und Plünderungen vorgenommen, wovon, was anzunehmen ist, auch die Familie Reichmann betroffen war.
Am 20.07.1939 gelang der Familie die Flucht von Worms nach Brüssel. Zuvor hatte das Ehepaar Reichmann für die Zeit vom 19.05.1937 bis 01.02.1938 ihre beiden kleinen Söhne, sieben- und zweijährig, nach Frankfurt abgemeldet. Ob sie sich während dieser Zeit dort im jüdischen Waisenhaus, das öfter auch Kinder aus bedrängten Familien aufnahm, befanden oder bei Verwandten unterkamen, ist nicht bekannt.
Über den genauen weiteren Fluchtweg der Familie Reichmann fehlen Angaben. Esther Reichmann gelangte mit ihren beiden Söhnen nach Israel.
Sie war auch 1954/55 vorübergehend wieder in Worms gemeldet, kehrte aber nach Israel zurück.
Bernhard Reichmann gelang es nicht, mit seiner Familie nach Israel zu fliehen. Am 19. Mai 1944 ist er aus Mecheln bei Brüssel ins KZ nach Auschwitz abtransportiert worden. Die nächste Station seines Leidensweges war das Vernichtungslager Sachsenhausen und schließlich ab 14. November 1944 das Konzentrationslager Dachau. Laut Gedenkbucheintrag des Bundesarchivs starb der Kaufmann Bernhard Reichmann in Dachau am 20. April 1945 wenige Tage vor Kriegsende.
Vom Lebensweg seiner Söhne und seiner Frau in Israel fehlen weitere Informationen.
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Quellen:
StA Worms, Abt. 170/32 Dokumentation Schlösser
Adressbücher Worms
Gedenkbuch Bundesarchiv
Die Steine liegen vor dem Haus Wilhelm-Leuschner-Straße 24.