Familie Scheftel

Worms, Liebfrauenring 11 Verlegungsort: Liebfrauenring 11

 Julius Scheftel,

geb. 1m 7. Februar 1870 (lt. Personenstandsregister Worms), entstammte einer seit fünf Generationen in Worms ansässigen Judenfamilie.

Verheiratet war er seit 1897 mit der 1876 in Dortmund geborenen

Klara Scheftel geb. Goldschmitt.

Die beiden Kinder des Ehepaares waren

Margarethe Johanna Scheftel (Worms 1898-1942 Lodz) und

Hans Scheftel (Worms 1899, gest. einige Jahre nach Schlaganfall 1944 in Buffalo).

 Die Familie wohnte seit 1917 Liebfrauenring 11, ab 1935 Siegfriedstraße 40. Seit 1896 war Julius Scheftel Inhaber der renommierten Kleiderfabrik Ludwig Edinger und Söhne, Nachfahren, Römerstraße 26, später Steinstraße 3. Die 1845 von den Brüdern Markus Edinger, Textilfabrikant, Kommunalpolitiker sowie hessischer Landtagsabgeordneter, und Heinrich Edinger gegründete Firma, die mit Heimarbeiterinnen produzierte, war weit über Worms hinaus bekannt und lieferte vor dem Ersten Weltkrieg Oberbekleidung bis nach Südamerika.

Infolge der 1933 einsetzenden Boykottmaßnahmen und Behinderungen durch die Nationalsozialisten gab Julius Scheftel die Firma jedoch an Nichtjuden (Brill und Breunig) ab. Sohn Hans, Prokurist im väterlichen Betrieb, emigrierte 1936 in die USA, wo er zeitweilig bei der ebenfalls aus Worms stammenden Familie Paul Guthmann in Norwalk lebte. Später gründete er in Buffalo eine Käsehandlung. Von seiner jüdischen Herkunft trennte er sich durch Übertritt zur evangelischen Konfession. Die Eltern Scheftel verzogen 1937 nach Frankfurt a. M., mit der Absicht, von dort aus ihrem Sohn in die Emigration zu folgen. Das gelang ihnen jedoch nicht.

1942 wurden Julius und Klara Scheftel nach Theresienstadt deportiert, wo beide noch im selben Jahr umgekommen sind.

Ihre Tochter Margarethe Johanne Müller geb. Scheftel, die seit ihrer Verheiratung in Hamburg lebte, wurde von dort aus 1942 nach Lodz deportiert und ermordet.

Bearb. Fritz Reuter; Dku. Schlösser, Guthmann I-4 und Scheftel;

Fritz Reuter, Politisches und gesellschaftliches Engagement von Wormser Juden im 19./20. Jahrhundert. Die Familien Eberstadt, Edinger, Rothschild und Guggenheim, in: Menora. Jahrbuch für deutsch-jüdische Geschichte, Berlin und Bodenheim 1999, S. 305-345, zur Firma Edinger S. 312-314.

Verlesen von Thomas Heinz.

Die Steine liegen vor dem Haus Liebfrauenring 11.