Mathilde Mayer, geb. Baum, Jg. 1874

deportiert 1942 Theresienstadt, ermordet 1944 in Auschwitz. In Worms wohnhaft Liebenauer Straße 42.  

Nicht bei allen jüdischen Witwen, die in den Jahren des Unrechtsstaates der Nationalsozialisten in Worms gelebt haben, hat sich in amtlichen Akten und Berichten so wenig über ihre Lebensumstände niedergeschlagen, wie bei Mathilde Mayer. Sie wurde als Mathilde Baum am 6. Februar 1874 in Worms geboren. Verheiratet war sie mit dem am 7. Mai 1863 im Elsass geborenen und nach Worms zugezogenen Wein- und Spirituosenhändler Leopold Mayer. Er starb bereits am 29. Februar 1928 und wurde auf dem Neuen Jüdischen Friedhof an der Eckenbertstraße beerdigt. Bei dem Ehepaar lebten drei Kinder, die Söhne Julius und Hugo aus der ersten Ehe von Leopold Mayer und die gemeinsame Tochter Else Mayer, später verheiratete Lindemann. Sie wohnten aber 1933 alle nicht mehr in Worms.

Es gibt eine Nachbarin, die sich an Mathilde Mayer erinnert. Sie hat sie, zusammen mit ihrer Mutter, als junges Mädchen oft besucht. Gemeinsam hat man Handarbeiten gemacht und sich unterhalten. Dieser für die  einsame Frau Mayer wichtige menschliche Kontakt war den neuen Herren ein Dorn im Auge. Mutter und Tochter wurde mitgeteilt, sie stünden bereits auf einer „schwarzen Liste“ und sollten jegliche Verbindung sofort abbrechen. Angesichts dieser massiven Drohung zogen sie sich verängstigt zurück. Der Tochter hat sich diese aufgezwungene Fremdheit tief eingeprägt, so dass sie sich schon früh für die Volkshochschulabende „Was wurde aus den Wormser Juden“ und die daraus hervorgegangene Dokumentation von Dr. Karl und Annelore Schlösser „Die Wormser Juden 1933-1945“ interessiert und ihre Erinnerung eingebracht hat.

Mathilde Mayer hatte 1940 die Ausreise zu ihrer in Frankreich lebenden Tochter Else Lindemann beantragt. Infolge des Kriegsausbruchs mit Frankreich kam es jedoch nicht mehr dazu. So zwang man sie bereits 1939 in das so genannte „Judenhaus“ in der Judengasse 33, 1940 in die Berggartenstraße 6 und schließlich 1941 in das Jüdische Altersheim Hintere Judengasse 6 umzuziehen. Von dort aus wurde sie am 27. September 1942 zunächst nach Theresienstadt deportiert, ehe sie am 16. Mai 1944 ihre letzte Reise in das Konzentrationslager Auschwitz antreten musste. Dort wurde sie als eines der unzähligen Opfer des nationalsozialistischen Rassenwahns vergast. Das Altersheim, ihre letzte Station in Worms, wurde viel später und verändert als „Raschi-Haus“ wiederaufgebaut und 1982 seiner neuen Funktion als Gedenkstätte, Jüdisches Museum und Stadtarchiv zugeführt.

Der Stein wurde vor dem Haus Liebenauerstraße 42 verlegt.