Mayer, Abraham (1880 – 1941) , Elsa geb. Beiersdorf (1886 – 1941), Ludwig (1912 – ), Johanna (1918 – )

In Worms zuletzt wohnhaft „Adolf-Hitler“-Straße 35.

Abraham Mayer wurde am 9. Mai 1880 in Ulmet bei Kusel in der Pfalz geboren. Er kam als Kaufmann aus Heidelberg am 2. Oktober 1900 nach Worms und ließ sich mit seinem Manufakturwarengeschäft zunächst in der Dominikanerstraße 10 nieder.

Nach Aufenthalten in Gießen und Trier in den Jahren von 1901 bis 1903 kam er zurück nach Worms, und zwar wieder in die Dominikanerstraße 10. Nach einer Reihe von Wohnungs­wechseln bezog er schließlich am 24. Juni 1911 ein eigenes Haus in der Donnersbergstraße 35 (später Adolf-Hitler-Straße, heute Friedrich-Ebert-Straße).
 
Am 4. Juli 1911 heiratete er Elsa Beiersdorf, geboren am 5. Februar 1886 in Pirmasens. Aus der Ehe gingen zwei Kinder hervor: Ludwig, geboren am 12. Juli 1912, und Johanna, geboren am 4. November 1918.

Abraham Mayer und sein Bruder Theodor gehörten zu den insgesamt 87 jüdischen Männern aus Worms und Umgebung, die im Zusammenhang mit dem „Kristallnacht“-Pogrom am 10. November 1938 verhaftet und vorübergehend in das KZ Buchenwald gebracht wurden.
Am 5. Januar 1939 wurde das Gewerbe von Abraham Mayer rückwirkend zum 31. Dezember 1938 abgemeldet (aufgrund der Verordnung zur Ausschaltung der Juden aus dem Wirtschaftsleben vom 12. November 1938).

Nach seiner Rückkehr aus dem KZ Buchenwald, das ihn und seinen Bruder zu seelisch und körperlich gebrochenen Menschen gemacht hatte, verzog Abraham Mayer mit seiner Ehefrau Else am 2. Mai 1939 nach Frankfurt am Main, Beethovenstraße 21, zusammen mit seinem Bruder Theodor und dessen Ehefrau Johanna.

Von Frankfurt aus wurden Abraham und Else Mayer am 19. Oktober 1941 nach Lodz/Litzmannstadt in Polen deportiert. Beide sind nicht zurückgekehrt; sie starben in einem Vernichtungslager.

Zum Transport vom 19. Oktober 1941 nach Lodz schreiben Alfred Gottwaldt und Diana Schulle in ihrem Buch „Die »Judendeportationen« aus dem Deutschen Reich 1941-1945“ Folgendes:
„In Frankfurt am Main hatte die örtliche Staatspolizeistelle für die erste Deportation eine besonders umfangreiche Transportliste mit 1.200 Namen von Juden vorbereitet, aus denen mehr als 1.125 Menschen am Sonntag, dem 19. Oktober 1941, in ihren … Wohnungen abgeholt worden sind. Dazu brachten eigens für diese »Aktion« einberufene SA-Männer die Juden über die Sonnemannstraße im Stadtteil Ostend zur »Sammelstelle« im Keller der Großmarkthalle an der Hanauer Landstraße.

An deren Südseite neben dem Fluss befand sich ein Ladegleis, das zur Aufstellung des Sonderzuges benutzt wurde. Seine Abfahrt erfolgte erst am frühen Morgen des 20. Oktober 1941 vom Frankfurter Ostbahnhof. Er ist als »sechster Transport« am folgenden Tag, einem Dienstag in Litzmannstadt eingetroffen. Nur zwei Überlebende aus diesem Transport sind bekannt.“

[Anmerkung: die Eheleute Mayer sind dort auf Seite 35 genannt.]

Mit Schreiben vom 12. November 1941 teilte der Oberfinanzpräsident Frankfurt der Deutschen Bank Filiale Frankfurt am Main unter dem Aktenzeichen 23-5807 mit, dass das Vermögen der Eheleute Mayer „zugunsten des Deutschen Reiches eingezogen ist“.
Bereits am 7. Juli 1938 hatte die „Zollfahndungszweigstelle“ Mainz Wertpapiere und Guthaben von Abraham Mayer bei der Deutschen Bank Filiale Worms „vorläufig gesichert“, also gesperrt.

Die Begründung lautete wie folgt:
„Von den zwei Kindern des Mayer ist der Sohn Ludwig bereits 1933 nach Palästina ausgewandert. Die Tochter Johanna bereitet sich zurzeit zur Auswanderung nach USA. vor.
Da der Verdacht besteht, dass Mayer plötzlich unangemeldet auswandert und hierbei oder
bei der Auswanderung seiner Tochter Vermögenswerte widerrechtlich nach dem Ausland verbringt, habe ich die Wertpapiere … und das Bankguthaben … vorläufig gesichert.“


Ludwig Mayer, Jg. 1912

flüchtete bereits am 19. November 1933 nach Palästina und lebt(e) in Israel in Ramat-Gan.

Johanna Mayer, Jg. 1918

flüchtete am 7. Juni 1938 in die USA und lebt(e) als verheiratete Hahn in New York.
Ein an Dr. Karl Schlösser gerichteter handschriftlicher Brief vom 18. April 1982 schildert in berührender Weise ihre Gefühle für das Schicksal ihrer Eltern, ihres Onkels Theodor und dessen Ehefrau (ihrer „Tante“) Johanna:

Ein Auszug aus diesem Brief:

„Es ist sehr schwer sachlich über dieses Subject zu sprechen, viel weniger noch zu schreiben. Meine Familie waren brave, ehrbare Menschen. Es regt mich kolossal auf darüber zu schreiben. Sollte es aber dazu beitragen, dass die Menschheit informiert sein wird über die mir noch immer unverständlichen Schandtaten, dann soll mein Schreiben halt dazu dienen. Ein Volk, das Genies produzierte in Musik und Literatur macht die ganze Höllenzeit noch unmöglicher zu verstehen. …Es war schwierig für mich dies zu schreiben, ich hoffe es wird einem Guten Zweck dienen.

Hochachtungsvoll
Johanna Hahn“

Bearbeitet von Rudolf Hauser