Sonnenberger, Emma geb. Koch, Sonnenberger, Cornelia, Dr. phil., Lehrerin (genannt Nelly)

Sonnenberger, Emma geb. Koch,

geb. 22.3.1861 in Alzey, Witwe von Kinderarzt Dr. Moritz Sonnenberger (geb. 5.7.1853 in Bechtheim, gest. 22.8.1926 in Frankfurt/Main)

Tochter:

Sonnenberger, Cornelia, Dr. phil., Lehrerin (genannt Nelly)

geb. 19.7.1891 in Worms

Familie Dr. Sonnenberger wohnte im eigenen Haus Moltke-Anlage 6 (heute Adenauerring), vorher Martinsgasse 17. Der verstorbene Ehemann Dr. Moritz Sonnenberger war eine sehr bedeutende Persönlichkeit. Er hatte sich 1883 als Facharzt für Kinderkrankheiten niedergelassen. Kinderärzte waren damals allgemein noch selten. Zur Entwicklung dieses Zweigs der Medizin hat er nicht unwesentlich beigetragen. Auch aus sozialer Verantwortung war er Kinderarzt geworden, ehe noch Mutterschutz und Säuglingssterblichkeit Schwerpunkte der Sozialpolitik wurden.

 In Worms war er ehrenamtlich als städtischer Armenarzt tätig.

Er war Mitbegründer des Wormser Ärztevereins und war zum Sanitätsrat ernannt worden. In selbstloser Weise hat er seine Erfahrungen auch der Stadt Worms bei der Errichtung des Kinder-Erholungsheims auf dem Hohen Darsberg um 1907 zur Verfügung gestellt und sich karitativ engagiert.

 Auch in der jüdischen Gemeinde war er tätig, u.a. war er im Vorstand des jüdischen Männerkrankenvereins.

 Als er 1926 starb, fanden seine Verdienste auch öffentliche Anerkennung. Das Stadtarchiv verwahrt eine Reihe von Unterlagen, die sein Wirken und seine hohe öffentliche Anerkennung belegen. Ein Foto des Stadtarchivs zeigt die gutbürgerliche Familie in ihrem Salon um 1910.
Die einzige Tochter der Eheleute, Cornelia, hatte nach Besuch der Höheren Mädchenschule (1898-1908) ein Jahr im Großherzoglichen Institut in Mannheim verbracht, sich zum 1911 in Frankfurt abgelegten englischen Sprachexamen vorbereitet, 1917 das Lehrerinnenexamen an der Victoria-Schule in Darmstadt absolviert.

 Sie unterrichtete zunächst ein Jahr in der Volksschule Pfeddersheim, dann ein dreiviertel Jahr in einem Pensionat in Wiesbaden und entschloss sich dann zum Studium der Volkswirtschaftslehre und Pädagogik. Aufgrund des Lehrerinnenexamens konnte sie sich im Sommer 1919 an der Mannheimer Handelshochschule (Vorläuferin der heutigen Universität Mannheim) immatrikulieren, wo sie durch eine dortige Ergänzungsprüfung die Hochschulreife nachholte. Es folgten sechs Semester Studium in Heidelberg, Berlin und Freiburg (alle nach dem Lebenslauf in ihrer Doktorarbeit), dort, an der Freiburger Universität, wurde sie 1922 promoviert, der Titel ihrer Arbeit lautete: ‚Die Entwicklung der wirtschaftlichen Lage und sozialen Stellung des hessischen Volksschullehrerstandes von 1816 bis 1922′.

 Dr. C. Sonnenberger lebte seit 1.8.1925 in Offenbach, wo sie eine Stelle als Berufschullehrerein hatte, aufgrund ihrer Berufstätigkeit als Lehrerin blieb sie (gemäß damaligen Umständen und Gesetzen) unverheiratet und damit kinderlos. Ihre Mutter, die seit 1926 verwitwete Emma Sonnenberger zog am 20.12.1930 zu ihrer Tochter nach Sprendlingen, Kreis Offenbach.

  Beide Frauen kehrten am 9.10.1934 nach Worms zurück, vermutlich weil die Tochter aufgrund ihrer jüdischen Religionszugehörigkeit ihre Lehrerinnen-Stelle verloren hatte. Im Wormser Adressbuch von 1937 werden die Frauen als Sanitätsratswitwe und Berufsschullehrerin a.D. in der Moltke-Anlage (heute Adenauerring) aufgeführt.

Zu Mutter und Tochter Sonnenberger zog nun auch die Wormser Lehrerin Herta Mansbacher, die mit ihnen verwandt und freundschaftlich verbunden war. Wie Herta Mansbacher unterrichtete auch Dr. Cornelia Sonnenberger ab 1935 an der jüdischen Bezirksschule Worms, Hintere Judengasse 2 (Haus „Zur Sonne“), die eingerichtet worden war für jüdische Kinder, die öffentliche Schulen nicht mehr besuchen durften. Von den Ausschreitungen während des Kristallnacht-Pogroms vom 10.11.1938 wurde auch die Wohnung Sonnenberger betroffen. Dr. Cornelia Sonnenberger verhinderte aber, dass auch die von Herta Mansbacher belegten Räume verwüstet wurden, und rettete so zum ersten Mal das Auswanderungsbuch, das Herta Mansbacher führte, vor der Vernichtung. Dr. Cornelia Sonnenberger hatte mit Rücksicht auf ihre alte Mutter zunächst nicht vor auszuwandern. Anfang 1940 aber hatte auch sie Antrag auf Auswanderung gestellt. Erhalten hat sich in den Wormser Polizeiakten ein Reisepass mit Foto von 1936 sowie die Kennkarte von 1939, die Huttenbach in seinem Buch über die Vernichtung der Gemeinde Worms neben der ihrer Mutter abbildete. Nach eigenen Angaben lebte sie 1940 von gekürzter Angestelltenrente, wohl aus ihrer Lehrerinnentätigkeit, außerdem mit der Mutter von Mieteinnahmen aus ihrem Haus. Dr. Cornelia Sonnenberger wurde am 20.3.1942 mit dem Sammeltransport, bei dem sich auch Herta Mansbacher befand, nach Piaski/Polen deportiert. Sie wurde in einem der Vernichtungslager in der dortigen Umgebung umgebracht und gilt als „verschollen in Polen“. Ihre Mutter musste am 19.6.1942 ins jüdische Altersheim, Hintere Judengasse 6, ziehen, das heutige Raschi-Haus. Unter dem 15.10.1942 behauptet ein polizeilicher Eintrag, sei sie ohne Abmeldung nach unbekannt verzogen. Tatsächlich wurde sie mit dem Sammeltransport am 27.9.1942 nach Theresienstadt deportiert. Sie starb in Theresienstadt am 9.10.1942 Im Jahre 1946 erkundigte sich eine nichtjüdische Freundin der Lehrerinnen Sonnenberger, Mansbacher und Tribus aus Frankfurt nach dem Schicksal der drei Frauen. Der Brief enthält Erinnerungen und Beobachtungen, die knapp aber zur Aufhellung des Lebens von Cornelia Sonnenberger wertvoll und als Zeitzeugnis interessant ist (StadtAWo Abt. 20 Nr. 13, Zitate !).