Werner Smith (1940 – Tod in Heilanstalt Kalmenhof/Idstein 1943)

Die Vorlage für den folgenden Text wurde in Englisch von Frau Ulrike Smith (geboren 1957 in Worms, wohnhaft in USA), Nichte von Werner Smith verfasst; es folgt die Übertragung ins Deutsche.

Werner Smith (geboren 1940) war Frau Ulrike Smiths Onkel, der Bruder ihrer Mutter. Er war aber auch ihr Bruder, da die Großmutter die Enkelin Ulrike adoptiert hatte. Als Kind wohnte Ulrike Smith wochenends bei der Großmutter in der Bebelstraße, in der Nachkriegswohnung der Großmutter.


Sie wusste damals nichts von Werner. Nicht, weil er 14 Jahre vor ihrer Geburt starb; sie wusste nichts von ihm, weil die ganze Familie über ihn schwieg, auch ihre Mutter – seine Schwester – die Ulrike als 12-Jährige wieder adoptierte.

Aber vor 4 Jahren konfrontierte Ulrike ihre Mutter damit.

Durch Zufall hatte sie mit 63 Jahren von Werner erfahren, weil sie spezielle Papiere der Großmutter benötigte. Als sich durch eigene Recherche der Schrecken seines kurzen Lebens begann abzuzeichnen, war sie außer sich, traurig, wütend. Sie weinte unzählige Tränen und hatte Albträume.

Sie war wütend auf ihre ganze Familie, dass sie sich zu Werners Leben nie bekannte, ebenso wenig wie sie sich zu ihrer – Ulrikes – Herkunft bekannte, von der sie nur wenige Jahre zuvor Kenntnis erhalten hatte.

Wie konnte man das Leben eines wertvollen Kindes ignorieren, von dem sie schließlich sogar eine Fotografie fanden.

Vielleicht verdrängte man den Schmerz über das, was mit ihm geschehen ist; vielleicht hat es aber auch damit zu tun, dass – wie Ulrike erst kürzlich erfahren hat – ihr Großvater als glühender Nazi in der SS war.

Sie wird die Gründe nicht mehr erfahren, aber seitdem sie Werner „gefunden“ hat, fühlt sie sich ganz stark mit ihm verbunden.

Werner Smith, ca.1942

(Foto von Ulrike Smith)

Werner war aufgrund seiner geistigen Behinderung zu seiner Zeit „unerwünscht“ und sie wäre als Halb-Sinti väterlicherseits genauso „unerwünscht“ gewesen, wenn sie früher zur Welt gekommen wäre.

Jetzt gibt es keine Familiengeheimnisse mehr, sie sind zerschlagen worden und offengelegt. Werners Leben ist nicht mehr unter Aktenstapeln vergraben. Er war ein Mensch, ein süßer kleiner Junge, ein Sohn, ein Enkel, ein Bruder, ein Onkel, ein Großonkel und Cousin.

Der Stolperstein erkennt diese Tatsache an und zeugt davon.

Der Stein liegt vor dem Haus Sickingenstr. 18.