Zodik Wachenheimer

Worms, Friedrich-Ebert-Straße 6/10 (heute Friedrich-Ebert-Straße 2 b)

 Verlegungsort Friedrich-Ebert-Straße 2 b

Wie das Ehepaar Schlösser in seinem Werk „Keiner blieb verschont“ ermittelt hat, war die Familie Ludwig Wachenheimer 1925 zunächst aus Heppenheim an der Wiese nach Worms gezogen, wohnte zunächst in der Goethestraße 9, ab 1926 am Marktplatz 29 und ab 6.10.1933 in der Adolf-Hitler (heute Friedrich Ebert)-Straße 6/10.

Ludwig Wachenheimer war Vertreter für die Firma Max Baehr, Textilien, Damen- und Herrenkonfektion, Friedrich-Ebert-Straße 10. Ab 1929 vertrieb er selbständig Manufakturwaren, Möbel und Aussteuerartikel später noch zusätzlich Kaffee, Schokolade und Kakao. Er hatte kein Ladengeschäft, auch keinen Etagenverkaufsraum in seiner Wohnung, sondern bot seine Waren bei Kundenbesuchen an. Der verwitwete Vater des Ehemannes, Zodik Wachenheimer, war 1937 aus Zwingenberg in die damalige Wohnung Adolf-Hitler-Straße 6/10 zugezogen.

Während der Reichskristallnacht wurde die Wohnung in der heutigen Friedrich-Ebert-Straße in Abwesenheit von Ludwig Wachenheimer schwer verwüstet. Die gesamte Wohnungseinrichtung wurde zerschlagen und so zugerichtet, dass davon nichts mehr zu gebrauchen war. Elisabeth Wachenheimer, der Sohn Horst und der Schwiegervater Zodik verließen deshalb Worms am 1.12.1938 nach Mannheim.

Ludwig Wachenheimer, der von März 1917 bis Juli 1919 als Soldat, zuletzt freiwillig bei der Reichswehr, gedient hatte und im Krieg mit dem Eisernen Kreuz II. Klasse ausgezeichnet worden war, durfte aufgrund der Verordnung zur Ausschaltung der Juden aus dem Wirtschaftsleben vom 12.11.1938 sein Geschäft nicht mehr aufnehmen. Er folgte seiner Familie nach Mannheim und bemühte sich um Auswanderung. Anfang 1940 stand er auf der Warteliste für die USA.

Am 22.10.1940 wurde jedoch die ganze Familie bei der Sonderaktion Bürckel-Wagner von Mannheim abtransportiert und in das südfranzösische Lager Gurs gebracht. Wer den Film „Menachem und Fred“ gesehen hat, wer die Schilderungen der Wormserin Miriam Gerber kennt oder auch wer vor zwei Jahren in der Synagoge gehört hat, was der Mannheimer Paul Niedermann über dieses Lager erzählt hat, weiß, was die Menschen dort mitgemacht haben.

Während Ludwig mit seiner Familie auf vielen Umwegen die Flucht gelang, starb Zodik Wachenheimer am 6. November 1940 wahrscheinlich an den Folgen der Strapazen schon. Unter den wenigen Habseligkeiten, die er hatte mitnehmen können, befand sich ein wertvolles, handgeschriebenes Gebetbuch, ein Familienerbstück. Es stammt aus dem Jahr 1749 und wurde von Solomon Wachenheim (später Wachenheimer) an seinen Sohn Zodik übergeben. Im letzten Jahr brachte Marc Walton, Sohn Horst Wachenheimers, der sich in den USA in Howard Walton umbenannt hatte, das Gebetbuch nach Worms zurück. Diese sehr versöhnliche Geste und die Hochachtung vor der ehemaligen Heiligen Gemeinde Warmaisa berührte alle, die beim Besuch Marc Waltons dabei waren. So entstand spontan die Idee, zum Gedenken an Zodik Wachenheimer einen Stolperstein zu verlegen.

Bearb. Ulrike Schäfer; Doku. Schlösser: Wachenheimer I.

Verlesen von Roland Graser.

Der Stein liegt vor dem Haus Friedrich-Ebert-Straße 2 b, Ecke Treppe Brunhildenbrücke.